How Competition Impacts Data Privacy

Policy Brief

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Die meisten der weltweiten digitalen Interaktionen finden auf nur wenigen großen Plattformen statt, die kaum Konkurrenz ausgesetzt sind. Es gibt immer mehr Bedenken, dass der fehlende Wettbewerb diese Plattformen in eine Position bringt, in der sie Verbraucher:innen ausbeuten und deren Wahlfreiheit begrenzen können. Mangelnder Wettbewerb kann also Schaden anrichten – möglicherweise auch im Datenschutz. Aufgrund dieser Bedenken entwickeln Regierungen und andere Institutionen Vorschläge, um den Wettbewerbsbehörden mehr Interventionsspielraum zu geben, mit dem sie die Macht der großen Plattformen einschränken und den Wettbewerb wiederbeleben sollen.

Auch auf Grundlage bestehender Gesetze befassen sich Behörden, wenn auch zögerlich, mit dem Einfluss von Wettbewerb auf Datenschutz. Der erste Fall, der sich ausdrücklich mit wettbewerbswidrigen Datenschutzschäden befasst, ist der des deutschen Bundeskartellamtes gegen Facebook. In diesem argumentiert die Behörde, dass die Auferlegung schlechter Datenschutzbestimmungen einen Missbrauch von Marktmacht darstellt. Dieses Verfahren begann 2016, seither gibt es weitere Fälle, die sich mit dem Zusammenhang zwischen Wettbewerb und Datenschutz befassen. Beispielsweise hat der geplante Zusammenschluss von Google und Fitbit Bedenken über die Zusammenführung sensibler Gesundheitsdaten mit vorhandenen Google-Profilen aufgeworfen. Auch bei Praktiken von Apple wird geprüft, ob es zulässig ist, dass bestimmte personenbezogene Daten nicht weitergegeben werden, während sie für eigene Dienste verwendet werden.

Wettbewerbspolitik als Hebel gegen schlechten Datenschutz einzusetzen, ist aber nur dann sinnvoll und wirksam, wenn mangelnder Wettbewerb auch ein Grund für diese Ergebnisse ist. Sechs mögliche Zusammenhänge, über die der Wettbewerb die Privatsphäre beeinflussen kann, sind in Tabelle 1 zusammengefasst. Sie stellen Hypothesen dar, durch die weniger Wettbewerb die Privatsphäre entweder auf unterschiedliche Weise beeinträchtigen (Mechanismen 1 bis 5) oder sie sogar fördern könnte (Mechanismus 6). Die Tabelle fasst auch die verfügbaren Belege dafür zusammen, ob und inwieweit sich die hypothetischen Auswirkungen auf tatsächlichen Märkten beobachten lassen.

Tabelle 1 Übersicht über die Mechanismen, über die Wettbewerb die Privatsphäre beeinflusst

        Mechanismus Evidenz
  1 Wenn weniger Wettbewerb herrscht, können Unternehmen mehr personenbezogene Daten sammeln. Begrenzter Zusammenhang in App-Märkten und vorläufige Belege eines Zusammenhangs in Werbemärkten.
  2 Wenn weniger Wettbewerb herrscht, haben die Verbraucher:innen weniger Wahlmöglichkeiten in Bezug auf die Privatsphäre. Konzeptionelles Argument, offene Frage für die Wettbewerbsbehörden: Was ist der Maßstab für die Feststellung wettbewerbswidrigen Verhaltens und die Wiederherstellung der Wahlfreiheit?
  3 Wenn Unternehmen fusionieren, können Unternehmen mehr Daten sammeln und verwenden. Offensichtlich und Angelegenheit für Wettbewerbsbehörden, wenn die Privatsphäre ein relevanter Wettbewerbsfaktor ist.
  4 Personenbezogene Daten in den Händen marktbeherrschender Unternehmen verursachen mehr Schaden. Keine basierend auf den (theoretischen) Beweisen für die Auswirkungen der Preispersonalisierung: kein Zusammenhang zwischen Marktmacht und negativen Ergebnissen für Verbraucher:innen.
  5 Wenn weniger Wettbewerb herrscht, können Unternehmen den Wettbewerb um die Privatsphäre untergraben. Bisher beschränkt auf die Lesbarkeit von Datenschutzrichtlinien, die mit zunehmender Unternehmensgröße abnehmen.
  6 Dominante Unternehmen können sich quasi-regulatorische Befugnisse über personenbezogene Daten aneignen, die den Wettbewerb behindern. Wettbewerbsschäden erwiesen, unklar, ob es Vorteile für die Privatsphäre gibt.
Quelle: Stiftung Neue Verantwortung

 

Es zeigt sich, dass mehr Forschung nötig ist, um die Relevanz einiger dieser Mechanismen marktübergreifend besser zu erkennen und zu verstehen. Bei anderen liegt bereits eine ausreichende empirische und konzeptionelle Grundlage vor, um ein stärkeres Eingreifen der politischen Entscheidungsträger:innen zu rechtfertigen. Diese Interventionen sollten Folgendes umfassen:

Erstens sollten Wettbewerbs- und Datenschutzbehörden mehr Wahlmöglichkeiten für Verbraucher:innen gegenüber marktbeherrschenden Unternehmen sicherstellen. Dafür bedarf es einer klareren Vorstellung davon, was “Wahlfreiheit” aus Wettbewerbssicht in Bezug auf Datenschutz bedeuten und umfassen sollte. Eine erste Idee ist hier die Einbeziehung von Verbraucher:innen in die Entwicklung von Datenschutzbestimmungen. Beispielsweise könnte man sie durch demokratische Entscheidungen über Inhalte von Datenschutzbestimmungen und/oder Formen einer gemeinschaftlichen Einwilligung einbinden. Eine andere Möglichkeit besteht darin, die Einwilligung und/oder Daten so zu entflechten, dass marktbeherrschende Unternehmen eine detailliertere Einwilligung einholen müssen, bevor sie Daten intern weitergeben dürfen.

Zweitens sollten Wettbewerbsbehörden anerkennen, dass bei einem Unternehmenszusammenschluss eine Einschränkung der Privatsphäre außerhalb des Geltungsbereichs der DSGVO und auch für den Wettbewerb relevant sein kann, wenn die Privatsphäre ein relevanter Faktor für Verbraucher:innen ist. Um die Bedeutung des Datenschutzes für einen bestimmten Markt zu beurteilen, sollten Behörden die Präferenzen der Verbraucher:innen z.B. aus Umfragen berücksichtigen, statt zu versuchen, über die Handlungen der Verbraucher:innen auf die Präferenzen rückzuschließen. Denn das Verhalten von Nutzer:innen ist durch verschiedene Hindernisse bei der effektiven Auswahl von Datenschutzbestimmungen geprägt.  

Drittens sollten die Behörden und die breitere Datenschutz-Community Kennzahlen entwickeln, um die Qualität einer Datenschutzbestimmung zu bewerten und somit eine Beurteilung dessen zu ermöglichen, ob eine Praxis den Schutz der Privatsphäre verbessert oder verschlechtert. Kennzahlen machen eine gewisse Vereinfachung unvermeidlich, die jedoch erforderlich ist, um das Ausmaß an Komplexität zu verringern. Diese hindert die Behörden derzeit daran, klar zu beurteilen, ob bzw. welche Auswirkungen auf die Privatsphäre durch Zusammenschlüsse oder anderes Verhalten entstehen. Langfristig ist eine klare Beantwortung solcher Fragen auch erforderlich, um einen Rahmen zu entwickeln, der sowohl Datenschutz- als auch Wettbewerbserwägungen beinhaltet. Ein solcher Rahmen ist wichtig für die Wettbewerbs- und Datenschutzbehörden, um Datenschutz und Wettbewerb konsequent in Einklang zu bringen, vor allem bei unvermeidlichen Kompromissen.
Viertens sollten statistische Ämter und die Wissenschaft zusammenarbeiten, um mehr Belege für den Stand des Wettbewerbs auf den digitalen Märkten zu liefern, nicht nur, aber auch für den Wettbewerb um bessere Datenschutzbestimmungen. Zum Beispiel sollten politische Entscheidungsträger:innen wissen, ob marktmächtige Unternehmen mehr oder sensiblere Daten sammeln als solche ohne Marktmacht. Sie sollten auch verstehen, ob und wie Unternehmen mit Marktmacht den Wettbewerb um bessere Datenschutzbestimmungen behindern, zum Beispiel indem sie Datenschutzbestimmungen unnötig unzugänglich gestalten. Digitale Plattformen stellen solche Daten bisher nur zögerlich zur Verfügung. Das sollte verpflichtend sein. Statistische Ämter, wissenschaftliche Forschung und zivilgesellschaftliche Organisationen sollten dazu beitragen, die Daten zu analysieren und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.