Data Science in Politik und Verwaltung

Policy Brief

Empfehlungen für den erfolgreichen Einsatz datenbasierter Methoden im öffentlichen Sektor

 

Executive Summary

In der öffentlichen Verwaltung spielen datenwissenschaftliche Ansätze bisher nur eine untergeordnete Rolle, anders als in der Privatwirtschaft. Dabei bergen sie großes Potenzial: Datengesteuerte Werkzeuge können dazu beitragen, dass administrative oder politische Entscheidungen auf einer besseren Faktengrundlage getroffen werden. Mit ihrer Hilfe können Prozesse automatisiert und staatliche Ressourcen effizienter eingesetzt werden.

Auch die Bundesregierung hat das Potenzial datengestützter Methoden erkannt. In ihrer Anfang 2021 veröffentlichten Datenstrategie hat sie sich eine deutliche Steigerung der „innovativen und verantwortungsvollen Datenbereitstellung und Datennutzung“ zum Ziel gesetzt. Unter anderem sollen in allen Bundesministerien und im Kanzleramt Datenlabore entstehen. Dieser Prozess ist bereits angelaufen und mit rund 240 Millionen Euro zusätzlicher Haushaltsmittel für die Jahre 2021 bis 2024 finanziert.

Aus dem Aufbau von Data-Abteilungen in Politik und Verwaltung ergeben sich, bei allen Chancen, auch zahlreiche Herausforderungen. Ganz grundsätzlich tragen Data Scientists in diesem Sektor besondere Verantwortung: Ihre Arbeit betrifft oft große Bevölkerungsteile, kann sich über lange Zeiträume hinweg auf wichtige Lebensbereiche auswirken und berührt nicht selten grundlegende Rechte.

Hinzu kommen Hürden bei der praktischen Umsetzung. Nicht immer gelingt es Data-Teams auf Anhieb, innerhalb ihrer Behörde oder Institution passende Kooperationspartner:innen zu finden und zur Zusammenarbeit zu motivieren. Auch starre Verwaltungsprozesse können die Anwendung von Data Science erschweren. Gleichzeitig bringen hohe Inklusions- und Transparenzstandards entsprechende Auflagen und Einschränkungen mit sich.

Dieses Impulspapier ist als Leitfaden zu verstehen. Wir haben uns darin mit der Frage beschäftigt, wie die Integration von Datenlaboren in die Verwaltung gelingen kann, und eine Reihe konkreter Empfehlungen zusammengestellt. Dabei folgen wir der Maxime, dass Data Science in Politik und Verwaltung niemals Selbstzweck, sondern immer Mittel zum Zweck sein sollte. Data-Teams sollten bei der Entwicklung datengetriebener Anwendungen die Nutzer:innen und den konkreten Mehrwert in den Mittelpunkt rücken – in allen Phasen des Prozesses, von der Ideenfindung bis zur Evaluierung.

Vor allem aber ist das berufliche Selbstverständnis entscheidend. Data Scientists in Politik und Verwaltung haben nicht nur eine technische Aufgabe. Mindestens so wichtig für den Erfolg ihrer Arbeit sind ihre Kommunikationsfähigkeit und interdisziplinäres Denken. Data Scientists im öffentlichen Sektor müssen in der Lage sein, politische und administrative Probleme in datenwissenschaftliche Anwendungsfälle zu „übersetzen“ und eine Vielzahl von Nutzer:innen in diesen Prozess einzubinden. Sie müssen ihre Datenprodukte verständlich erklären und einordnen können. Vor allem brauchen sie ein Bewusstsein dafür, wo die Risiken ihrer Methoden liegen: Unerkannte Verzerrungen im Datensatz können große Auswirkungen haben – zum potenziellen Schaden ganzer Bevölkerungssegmente.

Unser Papier folgt der Entwicklung von Datenprodukten entlang der vier Phasen „Ideenfindung“, „Prioritätensetzung“, „Umsetzung“ und „Evaluation“. Jedes Kapitel enthält eine Liste mit den wichtigsten Dos und Don’ts beim Aufbau von Datenlaboren. Ein weiteres Kapitel beschäftigt sich mit dem Recruiting und der Zusammensetzung von Data-Teams. Im öffentlichen Sektor kann es schwierig sein, die richtigen Mitarbeiter:innen zu finden, weil Datenlabore vielfältige Kompetenzen bündeln und mit der Privatwirtschaft um Talente konkurrieren müssen. Wir empfehlen, die Stellen durch ressortübergeifende Austauschmöglichkeiten attraktiver zu gestalten. Konzentriert werden sollte die Suche auf Kandidat:innen, die eine ausgeprägte Gemeinwohlorientierung und Interesse für den politischen Kontext des Arbeitsfelds mitbringen. 

Erschienen bei: 
Stiftung Neue Verantwortung
21. Oktober 2022
Autor:in: 

Pegah Maham und Andy Wang

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