Blockchain & das Klima – Warum die nationale Blockchain-Strategie Innovations- und Klimapolitik zusammenbringen sollte

Policy Brief

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Zusammenfassung

Blockchains stehen für einen hochinnovativen und vielseitigen Technologiebereich, der auf ein enormes Interesse in Unternehmen stößt. Insbesondere hat sich Berlin zu einem globalen Zentrum der Blockchain-Entwicklung entwickelt. Viele Startups, Entwickler:innen und Technologie-Hubs haben ihren operativen Sitz in Deutschland und nicht wie so häufig im Silicon Valley. Mehrere Bundesministerien erarbeiten deshalb aktuell die nationale Blockchain-Strategie, um den Technologiebereich in Deutschland finanziell zu fördern und rechtliche Rahmenbedingungen für die Branche zu schaffen. Bei der Entwicklung der Strategie steht die Bundesregierung vor der Herausforderung, einerseits die Weiterentwicklung und wirtschaftliche Nutzung des Technologiebereichs anzutreiben. Andererseits muss sie auf den enormen Energieverbrauch vieler Blockchains wie Bitcoin und Ethereum – den beiden bekanntesten Vertretern dieser Technologie – reagieren, da dieser mittlerweile Größenordnungen ganzer Nationen erreicht.

Der hohe Stromverbrauch vieler Blockchains entsteht vor allem durch einen speziellen Baustein der Technologie, der als Proof of Work (PoW) bezeichnet wird.  Konsensmechanismen wie PoW ersetzen in Blockchains eine zentrale Vertrauensinstanz wie eine Bank oder Clearingstelle, indem deren Aufgaben und das ihnen entgegengebrachte Vertrauen auf eine größere Gruppe verteilt wird. Der spezielle Konsensmechanismus PoW erfordert enorme parallele Rechenleistung für das Verlängern der Blockchain durch neue Blöcke, was als Mining (zu Deutsch: Schürfen) bezeichnet wird. Je nach Studie und Methodik wird etwa der jährliche Verbrauch von Bitcoin mit 30 bis 75 Terawattstunden angegeben. Damit ist er vergleichbar mit dem Stromverbrauch von Dänemark oder der gesamten künstlichen Beleuchtung in Deutschland. Der Energieverbrauch von Bitcoin ist jedoch nur die Spitze des Eisbergs. Denn viele andere noch im Wachstum befindliche Blockchains wie Ethereum, Dash, ZCash, Monero und hunderte anderer basieren ebenfalls auf dem energieintensiven PoW-Mechanismus. Lösungsvorschläge, den Energiebedarf von PoW-Blockchains wie Bitcoin durch erneuerbare Energiequellen zu decken, würden ins Leere laufen. Die benötigten Energiemengen würden anderswo fehlen und das Problem nur verschieben.

Durch den Proof of Work Mechanismus sind viele Blockchains klimapolitisch nicht tragbar. Denn hält die globale Verbreitung der PoW-Blockchains weiter an, werden sie mittel- bis langfristig einen Energieverbrauch auf dem Niveau von Bitcoin und damit ganzer Nationen entwickeln. Das wäre aus klimapolitischer Sicht eine gravierender Rückschritt. Keines der Szenarien, auf denen Beschlüsse wie das Pariser Klimaabkommen basieren, beziehen diese Entwicklung mit ein. Dadurch tragen Blockchain-Technologien dazu bei, dass die Einhaltung der Pariser Klimaziele immer unwahrscheinlicher wird, da andere Wirtschaftsbereiche dies kompensieren müssten.

Allerdings ist der allergrößte Teil dieser Emissionen technologisch überhaupt nicht notwendig. Mittlerweile existieren viele Blockchains, deren Konsensmechanismen  auf anderen technischen Verfahren basieren und dadurch weitaus weniger klimaschädlich sind. Dies sind Blockchains, die statt Proof of Work beispielsweise auf Verfahren wie Proof of Stake oder Proof of Authority setzen. Auch sie können die Sicherheit der verteilten Datenbank gewährleisten – jedoch ohne den massiven parallelen Rechenaufwand. Diese Alternativen sind bereits im Markt etabliert und werden etwa im Stromhandel oder für die Verwaltung von Zertifikaten im Strommarkt eingesetzt. Allein der Energieverbrauch von Bitcoin könnte durch die Umstellung von Proof of Work auf den Proof of Stake als Konsensmechanismus von derzeit ca. 30 bis 75 Terawattstunden auf weniger als 0,01 Terawattstunden reduziert werden – eine Einsparung von mehr als 99 Prozent.

Die nationale Blockchain-Strategie sollte daher das Ziel haben, den Einsatz und die Weiterentwicklung energieeffizienter Blockchains zu fördern. Regierung und Verwaltung haben darauf direkten Einfluss: Von staatlichen Förderprogrammen wird abhängen, welche Blockchains einen breiten Einsatz in regulierten Bereichen wie Finanz-, Versicherungs-, oder Energiewirtschaft finden und welche nicht. Die Energieeffizienz sollte daher Bestandteil aller behördlichen Analysen und Entscheidungen im Blockchain-Bereich werden. Zusätzlich könnte eine ohnehin geplante Besteuerung von Kryptowährungen an den verwendeten Konsensalgorithmus, beziehungsweise an die Energieeffizienz der jeweiligen Blockchain geknüpft wird.

Gleichzeitig sollte die nationale Blockchain-Strategie alle energieintensiven PoW-Blockchains von jeglicher staatlicher Förderung ausschließen, um ein klares Signal an die Entwickler:innen-Community zu senden. Bei Technologieausschreibungen der für die öffentliche Hand sollten nur Angebote zugelassen werden, die kein Proof of Work verwenden. Langfristig könnte das PoW-Mining in Deutschland mit einer angemessenen Karenzzeit auch verboten werden. Obwohl das energiefressende Mining vor allem im Ausland in Ländern wie China, Kanada oder Georgien betrieben wird und ein internationaler Alleingang Deutschlands dies nicht stoppen würde, könnte die mediale Wirkung einen deutlichen Effekt auf den Wechselkurs von Blockchain-basierten Währungen haben. Dieser Effekt würde zunehmen, je mehr Staaten diesem Weg folgen würden. Staaten wie Kanada haben schon erste Schritte in diese Richtung unternommen.

Blockchain ist ein hochinnovativer und vielseitiger Technologiebereich, der einen wichtigen Wirtschaftsfaktor darstellen könnte. Deutschland könnte hier Innovationsförderung mit Klimaschutz verbinden. Unserem früheren Ruf als innovativer Technologie- und Klimavorreiter könnten wird damit wieder gerechter werden.

Published by: 
Stiftung Neue Verantwortung
March 25, 2019
Authors: 

Fabian Reetz