Plattformregulierung in Deutschland und der EU

Kommerzielle soziale Netzwerke, Suchmaschinen und Video-Apps sind für viele Millionen Menschen in Deutschland und Europa wichtige digitale Kommunikationsräume, in denen sie Nachrichten lesen und verfassen, Meinungen austauschen, sich unterhalten (lassen) und Werbebotschaften sehen. Die Entscheidung, wie diese Räume gestaltet sind und welchen Regeln sie folgen, lag bislang fast ausschließlich bei den digitalen Plattformen selbst. Insbesondere große Tech-Konzerne haben weitreichende Macht zum Beispiel darüber, wie weltweit Inhalte sortiert und angezeigt werden, wie mit Desinformation umgegangen wird, welche Transparenzstandards für Onlinewerbung gelten und wie leicht es für Nutzende ist, Datenschutzeinstellungen vorzunehmen. 

Die Sorge vor dominierenden Marktpositionen, vor der Verbreitung hetzerischer Inhalten und Desinformation und vor der undurchsichtigen Datennutzung und -analyse treibt Gesetzgeber in aller Welt seit einigen Jahren zum Handeln. Sie suchen nach Möglichkeiten, für mehr Transparenz, Rechenschaft und Kontrolle im öffentlichen Interesse bei den großen Tech-Konzernen zu sorgen. Deutschland und die Europäische Union (EU) nehmen Schlüsselrollen in der politischen Diskussion um Regeln für digitale Plattformen ein. Deutschland ist etwa mit Gesetzen zur Inhaltemoderation (Netzwerkdurchsetzungsgesetz, kurz NetzDG) sowie zur Medienregulierung (Medienstaatsvertrag, kurz MStV) vorgeprescht und die EU hat sich auf ein Digitale-Dienste-Gesetz („Digital Services Act“, kurz DSA) geeignet, was die Regeln für Plattformen in Europa neu ordnet. Auch der Europäische Aktionsplan für Demokratie („European Democracy Action Plan“, kurz EDAP) umfasst Themen der Plattformregulierung. Statt sich ausschließlich auf strikte Löschvorschriften zu beschränken, besteht nun die Möglichkeit, EU-weit Klarheit über Transparenz- und Rechenschaftspflichten für digitale Plattformen zu schaffen. 

Es gilt, die Balance zwischen staatlichen Eingriffen, die auch zu weit gehen können, und dem Verlassen auf unternehmerische Selbstregulierung, die in der Vergangenheit unzureichend war, zu wahren. Viele Fragen zur Plattformregulierung sind in Deutschland und der EU noch offen. Wie können Regeln für unterschiedliche Arten von Plattformen aussehen und durchgesetzt werden, um offene und sichere digitale Informationsräume zu unterstützen? Welche negativen Folgen von Plattformregulierung sollten bedacht werden? Wie können Gesetze, die für das analoge Zeitalter entwickelt wurden, angepasst werden, oder sind gänzlich neue Ansätze möglich? 

Die Analyse solcher Fragen innerhalb der SNV und mit internationalen Fachleuten soll zu einem besseren Verständnis regulatorischer Eingriffe beitragen und konkrete Handlungsoptionen aufzeigen. Eine Auswahl der SNV-Papiere speziell zum DSA finden Sie hier:

Der Digital Services Act ist wirksam – was nun?, Februar 2024

  • Bietet einen Überblick darüber, was Plattformnutzer, Forscher, die Zivilgesellschaft und Unternehmen vom DSA erwarten können und was nicht
  • Beleuchtet verschiedene Szenarien mit potenziellen Chancen und Risiken bei der Durchsetzung des DSA
  • Ist auf Englisch verfügbar (ca. 40 Seiten)

Wie die deutsche Plattformaufsicht aufgebaut sein sollte: Empfehlungen für einen starken "Digital Services Coordinator", Oktober 2022

  • Liefert Fallbeispiele für Plattformaufsicht in Deutschland und die Rolle des DSC
  • Schlägt interdisziplinäre, projektbezogene Aufsichtsteams mit Datenanalysefähigkeiten in deutscher Verwaltung vor
  • Ist auf Deutsch (ca. 40 Seiten) und gekürzt auf Englisch (ca. 4 Seiten) verfügbar

Der DSA-Entwurf: Ehrgeizige Regeln, schwache Durchsetzungsmechanismen, Mai 2021 

  • Legt Schwachpunkte der vorgeschlagenen Aufsichtsstruktur im DSA offen 
  • Schlägt eine Aufsichtsbehörde für soziale Netzwerke und Suchmaschinen auf EU-Ebene vor 
  • Ist auf Deutsch und Englisch verfügbar (ca. 40 Seiten) 

 

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