Deutschland vor der Bundestagswahl: Überall Fake News?!

Impulse

Mit der Wahl Donald Trumps zum Präsidenten der USA, ist die Diskussion um sogenannte "Fake News" auch nach Europa geschwappt. In Deutschland, kurz vor der Bundestagswahl, befürchtet jeder dritte Deutsche, laut Forschungsgruppe Wahlen, einen großen Einfluss von falschen Informationen auf die Bundestagswahl. 

Fake News lassen sich am sinnvollsten als Desinformation definieren: Als Verbreitung von falschen oder irreführenden Informationen in der Absicht einer Person, einer Organisation oder einer Institution zu schaden. Allerdings deutet vieles darauf hin, dass sie hierzulande auf einen völlig anderen Nährboden treffen: Mit einer viel geringeren Bedeutung von Social Media als Quelle von Nachrichten, einer weitaus weniger polarisierten politischen Landschaft und viel höherem Vertrauen in klassische Medienangebote scheint Deutschland weniger anfällig als die USA.

Trotzdem wird auch in Deutschland versucht, mit Hilfe falscher Informationen zu diffamieren oder Debatten zu beeinflussen. Dieses Phänomen ist nicht neu, trifft aber auf eine Medienlandschaft, die sich durch weniger Gatekeeper, eine Flut von Kanälen und neue Technologien derzeit stark verändert. Daten darüber, wie Desinformationen in diesem neuen Mediensystem wirken und wie ernstzunehmend die Folgen sind, gibt es kaum. Dies ist vielleicht eine Erklärung dafür, warum die Debatte um Fake News teils so hysterisch geführt wird.

Um Fake News in Deutschland besser zu verstehen und zu beurteilen, haben wir eine Methode entwickelt, die die Verbreitung einzelner Fake News im Netz in einem bestimmten Zeitraum über eine Vielzahl verschiedener Online-Medienkanäle analysiert – von Online-Nachrichtenseiten über Foren und Blogs bis hin zu Sozialen Medien wie Facebook, Youtube und Twitter. Diese Methodik liefert Daten über den Lebenszyklus einer Fake News, die relative Größe der ausgelösten Debatte, den inhaltlichen Anteil von Fake News und Debunking sowie über die einflussreichsten Multiplikatoren.

Einen Einblick in die Funktionsweise unseres Analysedesigns liefert unser erster Testcase zu einer Fake News, um ein aus dem Kontext gerissenes und dann frei erfundenes Zitat der ehemaligen Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche, Margot Käßmann. In diesen Beispieldaten sieht man, dass die Fake News wesentlich mehr Interaktionen in Social Media auslöste, als ihr Debunking. Auch erzeugten nur wenige Akteure einen Großteil der Reichweite. 

Weil einzelne Analysen nicht viel über dahinter liegende Muster und Strukturen aussagen, werden wir in den kommenden Woche die Analyse mit einer möglichst großen Zahl weiterer Fake News wiederholen. Unser Ziel ist es, Aussagen darüber zu treffen, welche Akteure wiederholt Einfluss nehmen, wie erfolgreich die Debunking-Institutionen sind und wie sich Fake News in unterschiedlichen Online-Kanälen verbreiten. Zusätzlich werden wir mit einer repräsentativen Befragung direkt nach der Bundestagswahl die Erinnerungen an bestimmte Narrative und Nachrichten messen, um zu überprüfen, ob und falls ja, wie sich die Wähler an konkrete Fake News erinnern können.

Erschienen bei: 
Stiftung Neue Verantwortung
23. August 2017
Autor:in: 

Alexander Sängerlaub